Symbolbild eines diversen Teams.

Deutsche Telekom ist Deutschlands vielfältigstes Unternehmen 2020 in Sachen Führung

Der BCG Gender Diversity Index zeigt: Unternehmen mit klarer Zielgröße erreichen schneller einen höheren Frauenanteil. Über die Hälfte der Top-100-Unternehmen in Deutschland haben nach wie vor keine einzige Frau im Vorstand. Immerhin: Männer und Frauen in Führungsgremien verdienen mittlerweile gleich viel.

Die Deutsche Telekom ist in Deutschland führend, was den Anteil von Frauen in Vorstand und Aufsichtsrat sowie deren Vergütung angeht. Das ist ein Ergebnis des BCG Gender Diversity Index 2020, in dem die Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) in Kooperation mit der Technischen Universität München (TUM) Deutschlands 100 größte börsennotierte Konzerne analysiert hat.

Der Bonner Telekommunikationskonzern konnte sich vor allem im Hinblick auf Vorstandsvergütung und Parität im Aufsichtsrat verbessern, von 67,5 Punkten 2017 (Platz 13) auf 79 Punkte im Jahr 2020. Im Vorjahr hatte die Telekom den dritten Platz belegt. Vorjahressieger Aareal Bank und das Pharma­unternehmen Merck folgen mit jeweils 78 Punkten vor dem Elektronikhändler Ceconomy (Media Markt, Saturn), Schmierstoffhersteller Fuchs Petrolub und Konsumgüterkonzern Henkel. Die komplette Liste ist hier abrufbar.

Das über die Jahre hinweg stetig verbesserte Abschneiden der Deutschen Telekom im Index belegt einen generellen Trend: Unternehmen, die sich ein klares Ziel für ihren Frauenanteil in Top-Positionen setzen, erreichen auch signifikant höhere Werte. Während Firmen mit konkreten Zielvorgaben einen Frauenanteil im Vorstand von 13 Prozent haben, liegt der Wert bei jenen ohne Ziel bei lediglich vier Prozent. „Eine selbstgesetzte Zielgröße für den Vorstand ist die Mindestvoraus­setzung für mehr Geschlechtervielfalt“, sagt Nicole Voigt, Partnerin bei BCG und Co-Autorin der Studie. „Auch jene Unternehmen, die sich jetzt von der gesetzlichen Frauenquote für den Vorstand überrumpelt fühlen, hätten sich mit einer selbst­gesetzten Zielgröße besser in Position bringen können.“

Nur zehn Prozent Frauen in Vorständen

Dass es Handlungsbedarf gibt, zeigen die Ergebnisse des Index, der in diesem Jahr zum vierten Mal erscheint: Der Frauenanteil in den Vorständen der 100 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland liegt 2020 bei durchschnittlich zehn Prozent, in den Aufsichtsräten bei 33 Prozent. „Gegenüber dem Vorjahr ent­spricht das einem Plus von jeweils einem Prozentpunkt“, sagt Co-Autorin Isabell Welpe, Inhaberin des Lehrstuhls für Strategie und Organisation an der Technischen Universität München. „Über die Hälfte der analysierten Unternehmen hat bislang noch keine Frau im Vorstand – und 19 der Top-100-Firmen erreichen nicht die 2016 eingeführte gesetzliche Aufsichtsratsquote von 30 Prozent.“

Bei der Vergütung haben Deutschlands Unternehmen etwas stärker aufgeholt: Der sogenannte Gender-Pay-Gap ist im Vorstand von 23 Prozent 2019 auf 14 Prozent im Jahr 2020 gesunken. Und mehr noch: Die geschlechterbedingte Gehaltslücke ist auf die Ämter zurückzuführen, die Frauen beziehungsweise Männer bekleiden. „Wären Frauen und Männer zu gleichen Teilen in den besser bezahlten Vorstands­positionen vertreten und gleich lange im Amt, gäbe es keinen Gender-Pay-Gap“, erläutert Co-Autorin Voigt. Im Aufsichtsrat beträgt die Gehaltslücke nach 2019 unverändert 17 Prozent.

International hinkt Deutschland hinterher

„Verändern sich die Top-100-Konzerne im bisherigen Tempo weiter, erreichen sie Geschlechterparität in Vorstand und Aufsichtsrat erst im Jahr 2053“, sagt Marcus van der Vegte, BCG-Partner und Co-Autor der Studie. „Das ist rund zwanzig Jahre nach Großbritannien.“ Auch Frankreich (2039) und Spanien (2047) wären früher am Ziel als Deutschland.

Maßgeblich für den Diversity-Erfolg von Unternehmen sind zwei Dinge: messbare Ziele und ein Maßnahmenset, das über flexible Arbeitsbedingungen oder Frauen­netzwerke hinausgeht. „Erfolgreiche Firmen verknüpfen beispielsweise die Vorstandsvergütung mit Diversitätszielen und haben ein Augenmerk darauf, Frauen auch in die besser vergüteten Vorstandspositionen zu bringen, also beispielsweise als Chief Operating Officer (COO) oder Vertriebsvorstand“, sagt Marcus van der Vegte. Das sei eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Frauen überhaupt die Chance haben, in eine CEO-Rolle zu kommen, ergänzt Nicole Voigt. „Es braucht jetzt mutige Aufsichtsrätinnen und Aufsichtsräte, die Frauen ent­sprechend ihren Potenzialen in verantwortungsvolle Positionen befördern.“

Frauen schaffen es im Mittelstand eher in die Geschäftsführung

Eine Studie von EY aus dem März 2020 untersuchte bereits, dass Frauen es im Mittelstand eher in die Geschäftsführung schaffen als bei Großkonzernen. Der Frauenanteil in Führungsetagen stieg auf 16 Prozent – und lag damit fast doppelt so hoch wie bei börsennotierten Konzernen.

Kleinere und ostdeutsche Mittelständler setzten der Studie zufolge am stärksten auf weibliche Geschäftsführer. Ein Viertel der Führungsposten bei Finanzdienstleistern ist mit Frauen besetzt – im Maschinenbau nur acht Prozent.