Studie: Deutsche Aufsichtsräte werden aktiver und diverser

Wie sieht die Zukunftsfähigkeit von Aufsichtsräten aus und welche Rolle spielt dabei Diversität? Dazu führte Prof. Peter Ruhwedel, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter des Deutschen Institut für Effizienzprüfung (diep), in Kooperation mit Brainloop, einem Cloud- und Datenanbieter, eine Studie durch.

„Zukunftsfähige Aufsichtsräte bilden diverse Teams mit einem breiten Spektrum an Erfahrungen und Standpunkten, sie verankern Strategiearbeit in ihren Ausschüssen und Sitzungen und schaffen die Voraussetzungen für eine offene und konstruktive Diskussionskultur“, schreibt Prof. Peter Ruhwedel in der Studie. Die Auswertung basiert auf einer Analyse der für das Geschäftsjahr 2019 veröffentlichten Informationen zu den Aufsichtsräten der DAX-Unternehmen.

Das sind die Kernergebnisse der Studie:

  • Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten ist im Vergleich zum Beginn des Jahrzehnts von 14,4 Prozent (2010) auf 36,5 Prozent angestiegen.
  • Im gleichen Zeitraum ist der Anteil ausländischer Aufsichtsratsmitglieder von 12,6 Prozent auf 20,8 Prozent gewachsen.
  • Der mittlere Diversitätsindex aller Unternehmen beträgt 0,58 – die Diversität in den DAX-Aufsichtsräten liegt auf einem leicht überdurchschnittlichen Niveau. Ausbaufähig ist der Wert insbesondere im Hinblick auf die Internationalität (0,34).

Zielsetzung – Benchmarking für Aufsichtsräte

Ruhwedel und seine Mitarbeiter analysierten für die Studie über 130 Kriterien in den Bereichen Organisation, Zusammensetzung, Transparenz und Vergütung. Darüber hinaus erfolgte eine Vollerhebung aller biographischer Angaben der DAX-Aufsichtsräte sowie ihrer Funktion im Gremium. Die Diversität spielte hier eine große Rolle. Es wurde der Anteil, die Rolle weiblicher AR-Mitglieder sowie der Diversitätsindex berücksichtigt.

Zu den langfristigen Herausforderungen der DAX-Unternehmen gehört laut Ruhwedel die Digitalisierung sowie derzeit die Corona-Pandemie. Das bedeutet: In vielen Fällen werden strategische Neuausrichtungen unvermeidbar sein. Diese könnten aber auch neue Chancen bedeuten. Der Aufsichtsrat nehme dabei heute eine wesentlich aktivere und gestaltende Rolle ein, so ein Fazit der Studienautor:innen.

Diversität: Positive Entwicklung mit Verbesserungspotential

Mit einer Frauenquote von 36,5 Prozent und einem Anteil internationaler Aufsichtsratsmitglieder von 20,8 Prozent seien die Gremien heute wesentlich diverser besetzt als noch vor wenigen Jahren. Trotzdem zeige sich, dass Frauen bei der Leitung von Ausschüssen mit 13,3 Prozent noch immer stark unterrepräsentiert sind. Mit Henkel hat nur ein einziger deutscher Konzern eine weibliche Aufsichtsratsvorsitzende. Über den höchsten Frauenanteil verfügt die Deutsche Bank, bei der vier von acht Ausschüssen des Aufsichtsrats durch Frauen geleitet werden. Bestenfalls sollte die Beteiligung von Frauen an der Ausschussarbeit langfristig dem Frauenanteil im Aufsichtsrat entsprechen.

Trotz Verbesserungen gebe es weiterhin Bedarf an konkreten Maßnahmen, um die Diversität der Gremien weiter auszubauen, schreiben die Studienautor:innen. Neben Gender Diversity spiele die Internationalität der Gremien eine bedeutende Rolle, da deutsche Unternehmen einen Großteil ihrer Umsätze noch außerhalb von Deutschland erzielen. Die Brainloop-Studie zeigt aber: Drei DAX-Unternehmen haben ihre Aufsichtsräte noch immer ohne ein ausländisches Mitglied besetzt. Dennoch zählten die Wissenschaftler insgesamt einen deutlichen Anstieg des Ausländeranteils von 12,6 Prozent im Jahr 2010 auf 20,8 Prozent.

Auch bei der Altersdiversität gebe es reichlich zu tun: Der Altersdurchschnitt der analysierten Gremien beträgt 58 Jahre. Unter allen DAX-Unternehmen gibt es nur neun Aufsichtsratsmitglieder, die unter 40 Jahre alt sind. Als Vergleich: 31 Mitglieder sind über 70.

Die vollständige Studie erhalten Sie per E-Mail bei brainloopde@hotwireglobal.com.