Vielfalt in Unternehmen: Mehr Möglichkeiten für weniger Männerdominanz

Der Impact of Diversity startete am 22. September den ersten Think Tank. Insgesamt 18 TeilnehmerInnen aus Politik und Wirtschaft haben in einem spannenden Austausch zum Thema „Diversity and Internationality“ aktuelle Zustände in Unternehmen, gesellschaftliche Aspekte und tragfähige Zukunftsstrategien diskutiert. Initiator des „Impact of Diversity“ ist der Frauen-Karriere-Index.

Aktuelle Fragestellungen zu Gender Diversity

Viele Unternehmen haben bereits die große Wirkung von Vielfalt als Treiber für Innovation und wirtschaftlichen Erfolg erkannt. Wie gelingt es, gute Vorsätze in erfolgreiche Strategien umzuwandeln? Welche Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden, um die Kultur nachhaltig zu verändern und warum ist Vielfalt nicht nur ein Thema für Wirtschaft und Politik, sondern sollte auch als gesellschaftliche Debatte verstanden werden? Diese Fragen diskutierten die TeilnehmerInnen im Think Tank.

 

Der Think Tank möchte nicht nur als kontinuierliche Plattform dem Austausch bedeutender Vertreter aus den unterschiedlichen Sektoren dienen, sondern auch konkrete Konzepte und Ideen generieren, die Antworten auf aktuelle Fragen und damit messbare Veränderungen bringen.

Denken, um zu handeln: Der Think Tank für mehr Vielfalt

Der Think Tank, moderiert von Barbara Lutz (FKi), startete mit einer Einleitung von Thurid Kahl und Julia Frankenberger, die das Unternehmen Beiersdorf und damit den Host dieses „Impact of Diversity“-Auftaktes repräsentierte. Sie betonte das Ziel des Think Tanks, die einflussgebenden Faktoren herauszustellen, um mehr Vielfalt in Unternehmen konkret messen und verbessern zu können.

Einen wichtigen politischen Einblick gab anschließend Daniela Behrens, Leiterin der Gleichstellungsabteilung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Die derzeitige Evaluierung des 2015 in Kraft getretenen Gesetzes „Frauen in Führungspositionen“ (Veröffentlichung voraussichtlich im November) zeige eindeutig, Freiwilligkeit bringe keine zufriedenstellenden Ergebnisse und Vorgaben alleine hätten keine kulturellen oder strukturellen Veränderungen in den Unternehmen bewirkt.

In Form von „Infusions“ wurden Ergebnisse der Untersuchungen des FKi und Statements der Jury – Mitglieder (Angela Hornberg, Asumta Lattus, Prof. Yu Zang, Dr. Ricarda Engelmeier, Volker Beisch) geteilt, die aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln und Hintergründen die Situation zum Thema Gender Diversity und Internationallity aus nationaler und internationaler Sicht bewertet haben.

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    Strukturen bremsen den Fortschritt

    Während der zweistündigen Konferenz wurden sehr verschiedene Aspekte der Diversity-Debatte beleuchtet. Berufliche Erfahrungen und kulturelle Unterschiede mit dem Ausland spielten dabei ebenso eine Rolle wie Möglichkeiten des Recruitings und die Frage nach fairen Einstellungs- und Beförderungsprozessen. Hierfür seien u.a. die Strukturen der Unternehmen entscheidend. Doch gerade in diesem Punkt hätten viele Unternehmen noch Nachholbedarf, obwohl gezielte Maßnahmen auch in kürzester Zeit große Wirkung erzielen können: „Corona hat gezeigt, wie schnell sich etwas ändern kann, wenn der Wille dahinter steht“, resümiert eine Teilnehmerin.

    Immer wieder traditionelle Rollen, Rabenmutter und Alleinversorger

    Dass jedoch nicht nur die unternehmerischen Rahmenbedingungen ausschlaggebend sind, spiegelt sich in der gesamten Diskussion und später in den Break-Out-Sessions, die in Kleingruppen geführt wurden, wider. Unbewusste Voreingenommenheit und tief verwurzelte Überzeugungen stünden unternehmerischen Maßnahmen und persönlichen Karrieren häufig im Weg.

    In Deutschland hätten es Frauen immer noch schwer, sich gegen das Bild der Rabenmutter zu behaupten. Deshalb plädiert Dr. Ricarda Engelmeier, Gründerin des Frauen-Leadership-Programms My Collective, für ein gutes Netzwerk, das unterstützt und verhindert, dass Frauen durch Elternzeiten ihre Karrierepfade aufgeben.

    Es fehle jedoch noch an Offenheit und gesellschaftlicher Akzeptanz, kommentiert Angela Hornberg, Unternehmerin, Beraterin und Recruiting-Expertin aus Frankfurt.

     

    Kind oder Karriere: Die Entweder-oder-Fragestellung ist ein Problem. Es sollte der Und-Satz gefördert werden.

    Angela Hornberg, Founder and Managing Director of Advance Human Capital

    Zudem stellt sie zunehmend fest, dass für viele top ausgebildete Männer Deutschland keine Option ist, da die ebenfalls gut ausgebildeten Frauen oder Töchter keine echten Karriere-Optionen hätten. Vielfalt und mehr Frauen in Führung sei zudem kein Frauenthema, sondern richte sich an beide Geschlechter, betonten verschiedene TeilnehmerInnen. Männer würden ebenfalls auf unternehmenskulturelle Hürden stoßen.

     

    Es gibt viele Männer, die länger in Elternzeit gehen wollen und offen für einen Rollenwechsel sind, aber Angst vor beruflichen Konsequenzen haben.

    Volker Baisch, Gründer der Väter GGMBH

     

    Der Anteil der Frauen in China in Top-Positionen beträgt 38 Prozent. Sie werden unterstützt von der Gesellschaft, der Familie, Politik und Gesellschaft. Der eigene Wille ist entscheidend und das Umfeld prägt. An alle Frauen: Wir müssen am Selbstverständnis arbeiten!

    Prof. Yu Zhang, China Communications Holding / Chair

     

    In Uganda, Tansania und Kenia erleben Frauen, die sich online positionieren oft Cyber-Mobbing. Aus Angst lassen sie es. Diese Angst der Frauen in Unternehmen ist auch einer der Aspekte, die sie bremsen.

    Asumta Lattus, Deutsche Welle /Deputy Head – English for Africa

     

    Menschen mit Behinderung, und besonders Frauen mit Behinderung bekommen zu wenig Beachtung und Beteiligung am Arbeitsmarkt. Es ist auch eine Frage, eigene Privilegien aufzugeben.

    Anne Gersdorff , „Sozialhelden“

    Ausblick und wichtige Ansätze des Think Tank

    Im Think Tank des „Impact of Diversity“ haben sich die große Bedeutung von Role Models, Netzwerken und Mentoring-Programmen für Frauen bestätigt. Außerdem sollte der Umgang mit Stereotypen intensiver geschult werden, so die einheitliche Meinung der TeilnehmerInnen. Vor allem zeigt der Austausch, dass Vielfalt vom Commitment des Managements abhängt. Unternehmen müssten Diversität wirklich wollen, sonst könne es keine Veränderung geben. Wichtig sei, den wirtschaftlichen Erfolg von heterogenen Teams hervorzuheben und mit Zahlen, Daten und Fakten zu argumentieren, um sämtliche Stakeholder-Gruppen zu überzeugen und schließlich alle MitarbeiterInnen auf den Weg mitzunehmen.

     

    Bei den folgenden Punkten waren sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer einig:

     

    • Es muss mehr Role Models, Netzwerke und Mentoring-Programme für Frauen geben.
    • Den Umgang mit Stereotypen lernen.
    • Mehr Gedanken machen: Wie schaffen wir es, alle Stakeholder-Gruppen mitzunehmen? Gemischte Teams sind erfolgreicher und sie repräsentieren auch die Vielfalt der User/Konsumenten wieder.

     

    Wie entstand eigentlich der „Impact of Diversity“?

    Die Idee des Impact of Diversity entstand 2020 in Zeiten der Corona-Krise. Barbara Lutz und ihr Team des FKi möchten mit ihrer Initiative aktuelle Entwicklungen als wichtige Anstöße für transformative Prozesse in Unternehmen nutzen und mit dem Format des Impact of Diversity sicherstellen, dass das Thema Vielfalt und Modern Leadership auch über Corona hinaus eine breite Öffentlichkeit erfährt.

    Der Impact of Diversity fußt auf drei Säulen: Der Frauen-Karriere-Index als das etablierte Management-Instrument für mehr Frauen in Führung erklärt den Zusammenhang zwischen Diversity-Konzepten und nachweislich höherer Transformations- und Innovationsfähigkeit der Unternehmen. Seit 2012 liefert der FKi mit seinen Analysen den Unternehmen konkrete Daten, bewertet den Erfolg getätigter Maßnahmen und gibt klare Handlungsempfehlungen.

    Als Plattform gewährleistet der Impact of Diversity bei den regelmäßig stattfindenden Think Tanks einen lösungsorientierten Erfahrungsaustausch und fasst aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zusammen. Der publikums-orientierten Award bietet zudem eine öffentliche Würdigung der jeweiligen Anstrengungen in verschiedenen Kategorien. Mit diesem Award werden die herausragenden Persönlichkeiten oder die innovativsten Maßnahmen prämiert.

    Bildnachweis: Photo by Christina @ wocintechchat.com on Unsplash

    Warum hast du IoD gegründet?

    Wir arbeiten seit vielen Jahren im FKi mit zahlreichen Unternehmen zusammen und pflegen den Austausch zu den Themen ``Diversität`` und ``Gender Diversity``. In Krisenzeiten besteht die Gefahr, dass diese Themen in den Hintergrund geraten. Dabei spielen sie für die digitale Transformationen und Innovation eine entscheidende Rolle. Das Gegenteil von Diversität ist Homogenität und diese verhindert Veränderung. Mit dem IoD wollen wir klar stellen, welche Kraft und positiven Einfluss Diversität auf Unternehmen und Gesellschaft hat.

    2.

    Was ist die Mission und die Philosophie des IoD?

    Diversität unterstützt die notwendigen Veränderungen im Unternehmen. Mehr Frauen in Führung stärkt die Wahrnehmung für weitere Themen rund um Diversität. So entsteht eine intelligentere, erfahrene und offenere Belegschaft. Unternehmen werden offener für Veränderung und Innovation.

    3.

    Warum ist der IoD so wichtig und was macht ihn besonders?

    Wir sprechen nicht über den Status quo. Es gibt genug Artikel und Analysen zu diesem Thema. Unser Fokus liegt auf den Vorteilen und auf die Maßnahmen und den echten Aktivitäten, die wirklich Veränderung schaffen, effizient und nachhaltig wirken. Stichwort: Impact!

    4.

    Was bedeutet für dich Diversität?

    Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Inklusion für alle Menschen, egal welche gesellschaftliche und kulturelle Hintergründe sie haben.

    5.

    Was muss sich aus deiner Sicht in Deutschland am dringendsten verändern?

    Wir müssen über die Chancen von Diversität sprechen und wir müssen die guten Beispiele und Vorbilder zeigen - damit sich die anderen nicht mehr verstecken können. Wir brauchen mutige Unternehmen und Entscheider, die sich klar zu diesem Thema bekennen und auch Maßnahmen unterstützen, die in dem bestehenden (oftmals sehr homogenen Management-Team) für Diskussionen sorgen. Unsere Arbeit im FKi beweist, dass mehr Frauen in Führungspositionen möglich ist und es einzig und alleine am echten Willen scheitert.