Was die Arbeitswelt von der Castingshow „The Voice of Germany“ lernen kann
Beim deutschen Triebwerkshersteller MTU Aero Engines arbeiten bislang nur wenige Frauen. Personalleiter Hans-Peter Kleitsch erzählt, mit welchen Herausforderungen das Unternehmen zu kämpfen hat und mit welchen Maßnahmen er mehr Mitarbeiterinnen für die MTU gewinnen möchte.
MTU ist seit vielen Jahren Mitglied mehrerer Initiativen für Vielfalt und Chancengleichheit, etwa „Charta der Vielfalt“. Warum engagiert sich die MTU für diese Themen und was hat sich in den vergangenen Jahren dazu im Unternehmen verändert und verbessert?
Vielfalt auf der anderen Seite bedeutet für uns, einen Mehrwert zu erzeugen. Sie bedeutet neue Ideen, viele frische Ideen und das Beste aus ihnen herauszuholen. Vielfalt sorgt dafür, dass einem Unternehmen eine größere Fülle an Lösungsansätzen zur Verfügung steht. Das ist auch der Grund wieso wir Mitglied bei der ``Charta der Vielfalt`` sind.
Bei dem Thema Internationalität haben wir uns in den vergangenen Jahren stark verbessert. Früher waren wir ein typisch deutsches Unternehmen. Durch die internationale Prägung unseres Kundenstammes haben wir mittlerweile auch viele internationale Mitarbeiter und man gewöhnt sich daran, dass man in vielen Bereichen Englisch spricht oder zumindest alle Präsentationen in Englisch sind.
Welche Herausforderungen bei den Themen Diversität und Inklusion sehen Sie in Ihrem Unternehmen?
MTU sponsert beim Impact of Diversity den Award in der Kategorie „Female Mint Performance Unternehmen“, bei denen Industrie-Unternehmen ausgezeichnet werden, denen es im besonderen Maße gelingt, überproportional viele Frauen anzusprechen und Diversity voranzutreiben. Welchen Herausforderungen sehen Sie sich bei MTU im Zusammenhang mit dieser Kategorie gegenüber? Wie gehen Sie mit dem Thema um?
Eine Herausforderung bei MTU im Zusammenhang mit der Award-Kategorie, die wir sponsern, ist der geringe Frauenanteil. Die Frauen, die wir aber haben, sind exzellent. Und deswegen brauchen wir eine kritische Masse, damit Frauen untereinander im Unternehmen weibliche Gesprächspartnerinnen haben. Um mehr Frauen zu erreichen, müssen wir sichtbarer werden. Der Award ist für uns besonders interessant, weil der MINT-Bereich ganz andere, für uns besonders bedeutsame Herausforderungen hat und wir einen hohen Bedarf an weibliche Mitarbeiterinnen haben. Wir wollen mit dem IOD ein Zeichen setzen, dass Diversity besonders wichtig ist.
Der Anteil weiblicher Mitarbeitenden bei MTU liegt bei 14,7 Prozent. Bei den Führungskräften sind es 11,5 Prozent. Mit welchen konkreten Maßnahmen und Projekten möchten Sie es schaffen, mehr Frauen für Ihren Konzern zu gewinnen?
Durch die Teilnahme am Frauen-Karriere-Index und IOD überprüfen wir unsere Maßnahmen. Außerdem tauschen wir uns regelmäßig in Expertenforen zu aktuellen Best Practices aus und unterstützen Forschungsprojekte im Bereich Diversity. Wir bauen Hürden im Arbeitsalltag ab, zum Beispiel indem wir die gendergerechte Sprache in der internen und externen Kommunikation beschlossen haben oder Arbeitskleidung mit Formschnitt für Frauen anbieten.
Sie gaben an, eine Vision einer gänzlich gleichberechtigten Arbeitswelt zu haben. Wie möchten Sie diese bei MTU erreichen?
Übertragen auf die Arbeitswelt würde ich es gutheißen, wenn bei Bewerbungen die Interessierten generell auf ein Foto verzichten würden und auch das Geschlecht weglassen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir das tatsächlich für unsere Entscheidungen nicht brauchen. In den USA ist dies schon lange gängig. Man sollte Recruiting-Kriterien überdenken und nur Verhaltensweisen bewerten, die sich objektiv messen lassen. Da gibt es noch viel zu tun.
Welche Talente muss eine Führungskraft der Zukunft mitbringen, um erfolgreich ein Unternehmen zu führen?
Meiner Meinung nach müssen Frauen wie Männer im Unternehmen sichtbar sein und auch beweisen, was sie können. Zu introvertierte Menschen sind bei uns nicht als Führungskräfte geeignet. Sie müssen ihre Meinung offen äußern und ein Anliegen haben, nach außen in Erscheinung zu treten. Da hilft es, ein bisschen extrovertiert zu sein. Im Grunde genommen muss eine Führungskraft Leute mitreißen können und da gehört eine gewisse Emotionalität dazu.
Ein sehr häufiges Argument im Recruiting lautet: es gibt zu wenig weibliche Bewerberinnen – wahlweise Bewerber:innen mit Behinderung oder von Menschen mit internationalen Wurzeln. Wie sehen Sie das?
Wenn es um das Argument mit den zu wenigen weiblichen Bewerberinnen geht, sollten Recruiter meiner Meinung nach vor allem im MINT-Bereich bei den Qualifikationen nicht zu detailliert aussortieren und die Messlatte nicht künstlich zu hoch legen. Denn im Studium des klassischen Maschinenbaus und hier speziell in den Fakultäten für Aerodynamik und Strömungsmechanik oder Turbomaschinen ist der Anteil an weiblichen Studierenden noch viel zu gering. Je spezifischer die Voraussetzungen sind, desto weniger wird man weibliche Mitarbeiterinnen finden. Hier lohnt es sich also, den Suchradius zu erweitern und sich Bewerberinnen aus dem normalen Maschinenbau-Studium einzuladen.